Darf man in Deutschland die Schweiz loben? Darf man einen politischen Systemvergleich anstellen? Darf man gewisse Dinge, die die Schweiz anders macht als die Bundesrepublik, positiv erwähnen? Oder ist man dann ein Feind von Demokratie, Rechtsstaat und Menschenwürde?

So absurd die Frage klingt, das Bundesamt für Verfassungsschutz ist offenbar der Ansicht, dass solche Vergleiche einen staatsgefährdenden Charakter haben. Im Gutachten gegen die AfD finden sich mehrere Passagen mit Bezug zur Schweiz, die das nahelegen.

So notierten die Schnüffler folgende Aussage des nordrhein-westfälischen Landtags-Abgeordneten Christian Loose: «Das Tragen von Burka und Nikab in der Öffentlichkeit wollen wir auch in Deutschland untersagen — ähnlich wie in Frankreich, Österreich, Dänemark, den Niederlanden und der Schweiz. Das Vermummungsverbot ist diesbezüglich durchzusetzen.» In der Schweiz gab es dazu bekanntlich eine Volksabstimmung («Ja zum Verhüllungsverbot»), die mit 51,3 Prozent angenommen wurde.

Verdächtig erscheint den Spionen auch die Erwähnung der direkten Demokratie, wie das die brandenburgische Landtagsabgeordnete Lena Kotré tat: «Ja, und ich habe immer ein bisschen Bauchschmerzen genau bei diesem Thema, mit der direkten Demokratie, die ja in der Schweiz wunderbar funktioniert, aber du kommst aus Nordrhein-Westfalen, und es gibt in Nordrhein-Westfalen Schulklassen, da ist nicht ein einziges Kind mehr wirklich deutsch, da haben wir eine riesen Einwanderung aus dem muslimischen Kulturkreis, und da habe ich einfach die Sorge — bei uns in Brandenburg ist das überhaupt kein Problem —, da habe ich zum Beispiel die Sorge: Was ist denn, wenn diejenigen einfach mal ein Gesetz initiieren: ‹Es darf kein Schweinefleisch mehr an Schulen geben› oder ‹Lehrerinnen müssen verschleiert werden›?»

Ist das nun so schlimm, weil die direkte Demokratie in der Schweiz so «wunderbar funktioniert»? Oder ist es schlimm, weil die direkte Demokratie, würde sie in Deutschland eingeführt, auch «Bauchschmerzen» verursachen könnte? Das lässt der Verfassungsschutz offen.

Sicher ist: Was der Verfassungsschutz gar nicht goutiert, ist, wenn man in Deutschland die Tradition der Schweizer Demokratie lobt und dabei noch den Verfassungsschutz kritisiert. Das ist nun in höchstem Grade verfassungsfeindlich! Man darf demnach in Deutschland nicht sagen, dass Extremismus einen «Gewaltbezug» beinhalten müsse, wie sich das der rheinland-pfälzische Abgeordnete Joachim Paul mit Blick auf die Schweiz erlaubte. Über die «in der parlamentarischen oder in der kommunalpolitischen Arbeit eingebundenen» Mitglieder der Jungen AfD sagt er: «Sie stellen jeden Tag, jede Woche, jeden Monat Anträge und Anfragen, um das Leben der Bürger in ihrem Alltag zu verbessern. Warum sollten Extremisten sich diese Mühe und diese Arbeit machen? Auf diese Frage gibt es offenkundig keine Antwort. Wenn man hier, am Deutschen Eck, in Richtung Rhein schaut, an die Quelle des Rheins, dort gibt es eine Demokratie, die viel älter ist als die Bundesrepublik: die Schweiz. Und in der Schweiz gibt es auch Institutionen, und sie sagen ganz klar: Ins Visier kann nur der geraten, der seine politischen Ziele mit Gewalt durchsetzen will. Alles andere sei nicht extremistisch, alles andere ginge diese Behörden nichts an.» Nicht nur in Sachen direkte Demokratie könne die Schweiz ein Vorbild sein, sondern auch in dieser Angelegenheit.

Nicht erwähnen darf man gemäss Verfassungsschutz auch das Phänomen einer neuen Republikflucht in die südlich gelegenen Alpenrepubliken. Auf dem Zettel des Inlandgeheimdienstes landete auch die Feststellung des AfD-Bundesverbands, dass neben der rekordhohen Zuwanderung auch viele abwanderten, nach Angaben des Statistischen Bundesamts aber vor allem Deutsche: «Junge, tatkräftige Leute, die es in die Schweiz, nach Österreich oder gleich in die USA zieht.»

Das geht nun wirklich nicht! Wenn Maulkörbe nicht reichen, müsste der Verfassungsschutz vielleicht in Betracht ziehen, wieder einmal eine Mauer um Deutschland zu bauen.

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